Bad Ischler Woche
Lange war es fällig, nun ist es vollbracht: Sibylle Kefer, aus Goisern stammende Vollblutmusikerin, hat ihre erste CD als Solokünstlerin und Songschreiberin veröffentlicht. Im Lehártheater gab sie ihre Songs vergangenen Mittwoch erstmals mit Band zum besten. Das Lehártheater gar gut gefüllt, das Publikum bestand zu gemischten Teilen aus Musikern, Lehrern, Freunden und Fans. Die sympathische, naturhübsche Goiserin war sichtlich nervös aber auch erfreut über den regen Publikumszuspruch. Der Opener und CD-Titelsong „Alice im Wunderland“, anfangs getragen von einem verquer-schräge Basslauf, mutierte schließlich zum Rock-Kracher, wie ihn die Stürmer in ihrem irdischen Leben nicht mehr zusammenbringen wird.
Auch der Rest der Stücke ist ein Mix aus laut und leise, schräg und schön. Die Vokal-Harmonien mit den beiden Backgroundsängerinnen funktionieren vorzüglich, die Drums dreschen kompetent und laut, und den Kompositionen ist anzukennen, dass Sibylle Kefer vom Jazz kommt. Für eine musikalische Überraschung sorgte „SiE“ im Mittelteil des Programms, als sie zum Keyboard schritt und eine erfreulich eigene Version von Jimi Hendrix’ „Angel“ zum besten gab.
Eines der beiden Dialekt-Lieder ist eine Ode an die in der ersten Reihe sitzende Tochter Felicitas. Im Unterschied zu John Lennon, Bruce Springsteen, Rainhard Fendrich oder Reinhard Mey, die ihrem Nachwuchs ebenfalls Minne sangen, drückt Kefers „Kinderlied“ im Laufe des Songs ordentlich an und verläuft letztendlich musikalisch alles andere als kitschig (beim Text lässt es sich in so einem Fall kaum vermeiden).
Gegen Ende präsentierte die Truppe noch ein Cover des Ton Steine Scherben-Klassikers „Mein Name ist Mensch“ im Söhne Mannheims-Arrangement, als Zugabe gab es noch einen englischsprachigen Song, den Sibylle Kefer einst mit dem in Bad Goisern lebenden englischen Musiker Brian Leonard verfasst hatte. Dieser enterte schließlich auch als Gast-Performer die Bühne. Eigentlich bräuchte die heimische Pop-Welt eine wie „SiE“ für all jene, die sich nicht vormachen lassen wollen, dass Christina Stürmer authentische Rockmusik macht – für alle jene, die Birgit Denks weiblicher Ostbahn-Kopie nichts abgewinnen können. Kinder: werft eure Christl-Platten weg und kauft euch Sibylle, dann lernt ihr wenigstens vielleicht noch was von Musik. Wenngleich sehr gut gemacht, wäre jedoch etwas weniger „SiE“ und etwas mehr Sibylle zuträglich, um die Songs etwas von ihrer Kopflastigkeit zu befreien. Wenn dazu noch der Funke der Leidenschaft (in Stimme wie Bühnenperformance) endgültig überspränge, wäre „SiE“ die Frau der Stunde.
April 2007