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Im Mittelalter nannte man sie Barden oder Minnesänger. Sie zogen von Burg zu Burg, von einem herrschaftlichem Territorium zum anderen und erzählten mit meistens einem Saiteninstrument bestückt von historischen Ereignissen, politischen Begebenheiten oder Liebesdingen. In der heutigen Zeit könnte man das in dieser Form ausgestorbene Genre den Singer und Songwritern zukommen lassen, die im Grunde nichts anderes machen, als über Herzschmerz, Persönliches, Probleme in der Regierung oder Missstände im sozialen Gefüge Songs zu schreiben und das meist auch selbst darzubieten. Was damals allerdings auf die Gunst einiger Personen zugeschnitten war, muss heute für ein Millionenpublikum tauglich sein um damit seinen Unterhalt zu verdienen. Das die meisten Songwriter mit ihrer eigenen Musik selten lange Höhenflüge erreichen, brachte den Großteil zu dem Entschluss einfach kommerziell erfolgreicheren Künstlern, die selber mit Songschreiben nichts anfangen können oder in dieser Disziplin selten von der Muse geküsst werden, unter die Arme zu greifen. Es gibt aber auch einen Teil, der weiterhin verbissen als Solist tätig ist und vielleicht hin und wieder eine Band gründet um weiterhin im Geschäft zu bleiben. Zu dieser Gruppe kann man Fred Eisler zählen, der zusammen mit Farid Al-Shami und Anne Marie Höller 2000 die Gruppe Camena gegründet hat. Der Durchbruch auf landesweiter Ebene gelingt ihm mit dieser Formation allerdings nicht und er widmet sich wieder mehr einem Solounternehmen, dem er seinen eigenen Namen gibt. „Camena To The Fallen“ heißt nun dieses 14 Stücke umfassende Werk, auf dem ihn nicht nur die Mitglieder von Camena unterstützen, sondern auch andere Künstler ihre musikalischen Gaben darbringen. Am bekanntesten ist wohl der international gefragte Musicalstar Drew Sarich (Jesus Christ Superstar, Hair, Dracula), der zwei Songs eine stimmige und stimmliche Note verleiht. Die Tracks handeln durchwegs von Ereignissen, die jeder schon einmal in ähnlicher Art und Weise erlebt hat: Gefühle wie Neid, Liebe, Eifersucht, Hass und Sehnsucht verarbeitet Eisler mit sanfter, ruhiger und dann wieder flotterer, treibenderer Instrumentalisierung zu stimmungsvollen Klängen. Durch einen Prolog und einen Epilog werden die Erzählungen begrenzt um das Werk als ein Ganzes hervorzuheben. Die sphärische Einleitung führt in das für Eislersche Verhältnisse Uptempostück „Hide“. Ein bisschen verzweifelt erklingt die Melodie und auch der Gesang ist eher melancholisch angehaucht. „One Day I Will“, „No Man´s Land“ oder das rockige „Urban Castaways“ sind da schon etwas fröhlicher bevor „Northern Blossom“, „The Road We´re On“ und „My Sister Was A Dancer“ schwermütiger werden. In „Salem“ benötigt Eisler gar keinen singenden Part um mehrere Sinnesempfindungen und emotionale Ausbrüche für den Hörer zu charakterisieren. Im Ausklang greift er mitunter in die elektronische Wühlkiste und verzaubert den Hörer mit Synthiebeats, die den Klangkorpus der Gitarre umschmeicheln. Die „Lieder für die Gefallenen“ sind keineswegs ein anstrengendes Hörerlebnis, Eisler will den Hörer nicht mit undefinierbaren Geräuschen oder ausgefallenen Soundkreationen quälen oder fordern, sondern er versucht den Ruhepol im Menschen zu aktivieren, damit dieser nicht angespannt über das Gehörte, sondern aufgelockert durch die Musik zum Nachdenken angeregt wird. Ob man sich hauptsächlich zu durch Akustikgitarre getragenen Stücken entspannen will oder doch lieber Beethoven lauscht ist individueller Natur. Fred Eisler bietet auf jeden Fall eine gute Alternative.
CDSTARTS – Wertung 7/10

Albert Ranner – 11.11.05

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