CD-Starts | www.cdstarts.de

Bereits in „Das ewige Spiel“ präsentiert sich das Duo in Höchstform und breitet vor philosophischem Hintergrund („Ist Liebe nur spürbar wenn sie schmerzt?“) eine gut aufgelegte Bar Jazz-Atmosphäre aus, die entgegen herkömmlicher Genre-Veröffentlichungen auch bewusst gehört werden kann, statt sie nur nebenbei laufen zu lassen. Diesen Eindruck bestätigt auch der Titeltrack, der nach schwermütigem Klavierauftakt durch die laszive Darbietung Zettls beendet wird, die ihre Stimme stets mit sinnlichem Verve unterfüttert, wodurch sich vor allem „Back to the roots“ nebst treibender Perkussion und kathartischem Schlussplädoyer der Instrumentensektion zu einem Höhepunkt des Albums aufschwingt. „Innere Stimme“ lässt es daraufhin wieder etwas langsamer angehen und erinnert durch die Einbettung eines Akkordeons und der lyrischen Seite an eine Annett Louisan-Komposition, bis es in das verspielte und trotzdem zielstrebige Instrumental „Radiohead“ überleitet.
Dann ist aber erst mal Schluss mit den Lobpreisungen, denn „Venture“ krankt an hemmungsloser Langeweile, während nicht nur der Text in den beiden nachfolgenden Stücken zu reinem Selbstzweck verkommt, sondern auch der subtil aufbegehrende Trommelrhythmus in „Get around“ auf Dauer auf die Nerven fällt und „Dance“ versucht ekstatische Disco-Eleganz mit jazziger Unbeschwertheit zu paaren, was aufgrund der jaulenden Darbietung der Sängerin zu einer Geduldsprobe verkommt, deren stimmliche Eskapaden letztendlich noch durch den Verzerrer gejagt werden als ob Roger Waters von Pink Floyd anno 1967 seine Finger im Spiel gehabt hätte und eine unruhige psychedelische Stimmung erzeugen wollte.
Damit vergeudet Miss | Mister die makellos in Szene gesetzte, erste halbe Stunde und verschreckt durch diesen experimentellen Ansatz den Hörer. Glücklicherweise rüttelt das mit Funk- und Disco-Elementen geschmückte „I can fly“ alles wieder in ein besseres Licht und bietet einen aufgeweckten Gegensatz zu den drei vorangegangenen Stücken. Als bittersüßen Abschluss kredenzen die beiden Österreicher das unaufgeregte und von Poesie umrankte „Eigene Stadt“, das den zwischenzeitlich verlorenen Boden halbwegs wieder gut macht. Somit ist „Bittersweet“ nicht über die komplette Dauer des Longplayers eine unwiderstehliche Versuchung, liegt mit sieben Stücke aber äußert nahe dran. Anspieltipps: Radiohead + Innere Stimme + Back To The Roots

Albert Ranner – 21.04.08

0