Jazzthetik
Da kam bei Gina Schwarz einiges zusammen. Die Connection nach Köln (über das Multiphonics-Festival) – daher viele neue, interessante Mitmusiker*innen. Die Inspiration durch die Songs von Nick Drake – dieser besondere, traurig-melancholische Tonfall. Und der Tod ihres Vaters – der zudem einige bizarre Kindheitserinnerungen aufwirbelte. Das alles schießt in einem Album zusammen, das schon von der Besetzungsliste her viel verspricht, aber musikalisch noch mehr liefert. Im Zentrum steht dabei die exquisit „holzige“ Blas-Abteilung mit Daniel Manrique-Smith (fl), Annette Maye (cl), Mona Matbou-Riahi (cl), Steffen Schorn (cl, sax) und Tomas Savy (bcl) – auch Klaus Gesing (bcl) und Alex Simu (cl) wirken in zwei Stücken mit.
Gefühlvolle, komplexe, manchmal sanft orientalisierende Melodien hat Gina Schwarz für ihre Band geschrieben und dabei warm-pastellene oder frechgroteske Farbgebungen ausgeschöpft. Aber mehr noch: Diese Musik bewegt sich stets auf mehreren Ebenen zugleich, kombiniert originelle Themen und anspruchsvolle Begleitstrukturen in einem spannenden Kontrast. Zusammen mit Lucas Leidinger (p), Mahan Mirarab (g) und Dirk-Peter Kölsch (dr) bildet die Wiener Bassistin die Rahmengruppe –Hans Lüdemann (p) ist in zwei Stücken außerdem mit dabei.
Way to Blue – das sind elf grandiose Kompositionen, die aber nie auftrumpfen, sondern ganz dem Flow verpflichtet sind – eine wunderbare Startvorgabe für die abenteuerfreudigen Solisten. Der Auflockerung dienen einige zwischengeschaltete Duette, die die Bandleaderin mit einzelnen ihrer Mitmusiker*innen improvisiert („Chat One“ bis „Chat Seven“).
Ein Album, dessen Reichtum uns gut durch den Winter bringen wird.
Hans-Jürgen Schaal , Nov 22