Jazzthetik | Hörbucht

Im Jahr 1797 begannen die Bauarbeiten eines schiffbaren Kanals, der Wien mit Triest verbinden sollte. Knapp 200 Jahre später entstand die Idee, zu dessen Bau und Geschichte eine Komposition in Auftrag zu geben. Markus Geiselhart beschäftigte sich daraufhin eingehend mit der Historie des Bauwerks, stellte die Texte zusammen und schrieb die Musik der Wiener Neustädter Kanal Suite, die er mit der Big Band Pfaffstätten und Andy Haderer als Gastsolist aufnahm. In drei Teilen widmet sich die Suite dem Kanalbau, Geschichten rund um den Kanal und dem Kanal als Industriedenkmal.

Die Suite beginnt mit einem klassischen Big-Band-Opening. Intonationssicher, groovend und dynamisch präsentiert der Klangkörper aus Pfaffstätten dabei klassische Bigband-Musik. In sparsam instrumentierten Zwischenspielen erzählt Peter Meissner die Geschichte des Kanals und Anekdoten, die sich rund um ihn ereignet haben. Markus Geiselhart geht in seinen Kompositionen teils klangmalerisch und teils subtil auf den Text ein. „Sebastian von Maillard vs. Joseph Schemerl“ setzt die Spannungen der beiden Bauherren und das daraus resultierende Frage- und Antwortspiel musikalisch in Szene. In „Das Ende als Anfang“ setzt Geiselhart sehr plastisch das Warten auf sich nähernde Kampfflugzeuge gegen Ende des Zweiten Weltkrieges um. Über einem rhythmischen Pattern schwebt ein Bläsersatz, der an Sirenen beim Fliegeralarm erinnert und der sich immer mehr aufbaut, bis das Chaos ausbricht.

In der Wiener Neustädter Kanal Suite wachsen Geschichten rund um ein Industriedenkmal mit Big-Band-Musik zu einem Gesamtkunstwerk zusammen. Dadurch ist die Suite mehr als Lokalgeschichte, die musikalisch vertont wurde.

Thomas Bugert – Sept 2021

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