musikreviews.de
Die Gypsy-Version der Ersten Allgemeinen Verunsicherung? Nicht ganz, aber der österreichische Zungenschlag dieser bestechenden Akustikformationen erinnert schon an die Klamauk-Übercombo aus ihrer Nachbarschaft. Stilistisch ist die Chose wie angedeutet aber ganz anders angelegt, obgleich es heiter, bloß nicht so überzeichnet zugeht.
„Tanzverbot“ setzt sich selbstironisch mit dem Zigeunerjazz auseinander und schlägt zugleich all jenen innerhalb dieser Szene ein Schnippchen, die zu ernst und schulmeisterhaft an die Chose herangehen. Schließlich kann man Django Reinhardt und seinem Erbe auch auf spritzige Weise die Ehre erweisen, und dies tut das Sextett vor allem durch seine Virtuosität bzw. Fähigkeit, geradezu massentaugliche Stücke zu schreiben.
Was GEWÜRZTRAMINER im Besonderen ausmacht, ist der Gesang von Gidon Oechsner und Marco Filippovits, gleichzeitig da sie gemeinsam mit Julian Wohlmuth für die dreifache Gitarrenbreitseite (unverzerrt selbstverständlich sorgen), die ihr neues Album so spannend zu hören macht. Atanas Dinovski sorgt auf seinem Akkordeon indes für mediterranes Flair (‚Efendi‘), und Daniel Schobers Kontrabass verleiht dem hochtönenden Unterfangen den notwendigen Bauch.
Die Scheibe versprüht richtige Weltmännischkeit, ohne aus dem Genre-Rahmen auszubrechen. Der Spielwitz der Gruppe allein sorgt dafür, dass man immerzu zuhören muss und zu keiner Zeit abschaltet, denn Klischees sind GEWÜRZTRAMINER schlichtweg zuwider. Als Höhepunkte darf man den einleitenden Tango ‚Nackte X‘ sowie das epische ‚Deja Vu‘ anführen, das sich als regelrecht den Atem raubende Instrumental-Klangreise durch insbesondere den osteuropäischen bis mittelöstlichen Kulturkreis erweist. Packende Angelegenheit, das.
FAZIT: Zigeuner-Gejazze mal nicht angestaubt … GEWÜRZTRAMINER halten das Genre jung und legen die spielerische Messlatte für ihre Mitbewerber (selbst aus älteren Semestern) mit „Tanzverbot“ hoch an.
Andreas Schiffmann – 30.04.2017