Rondo online
Wenn der Tenorsaxofonist Harry Sokal, der Hammond-Organist Raphael Wressnig und der Schlagzeuger Lukas Knoefler auftreten, sprühen die Funken. Das behauptet zumindest der Titel des bei drei Konzerten mitgeschnittenen LiveAlbums – und dies ist nicht einmal gelogen. Im Gegenteil. Ihr Orgeljazz integriert, was den Reiz dieser Besetzung seit den 1950ern ausmachte: eine gehörige Portion Soul, funky Rhythmen, die Shuffles der Marching Bands, flächige Sounds, gelegentliches Fauchen, einprägsame Melodien und eng aufs Thema bezogene Improvisationen. In treuer Heimatliebe erweisen die drei sogar dem Nationalheiligen der Steiermark ihre Reverenz, indem sie die Melodie des „Erzherzog Johann Jodlers“ als Basis einer funky Jazznummer nehmen. Dies gelingt so hervorragend, als habe Anton Schosser 1830 bereits den Blues gehabt und sich auch vor dem Rock`n`Roll nicht gefürchtet.
Vor diesem patriotischen Finale tobt die Band über Hochebenen und Abhänge. Rotzig springen die Töne aus Harry Sokals Tenorsaxofon, explosiv herausgestoßen, gedehnt, schmusig, gezerrt, zerrissen, rau und greinend – immerhin zählt der 59Jährige zu den ausdrucksstärksten Saxofonisten des Kontinents, mit Erfahrung in Avantgardebands und Mainstream. Dieser Virtuose hat keine Scheuklappen, und so kann Wressnig scheinbar in die Plüschbar wandern: Sokal und der energiegeladene Drummer holen ihn dort rasch wieder heraus. Die drei kennen die Klischees des Genres, und sie umspielen sie souverän, ohne in sie zu verfallen. Ja, sie lassen die Funken sprühen.
Werner Stiefele – 29.04.2013