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Liest man im Booklet das Ganzkleingedruckte, findet man einen wesentlichen Hinweis: Das Album The Timeless in You ist mitproduziert von Theo Bleckmann. Das lässt vor allem eines erwarten: Gesang von erlesener Qulität.
Maria Christina heißt die Sängerin, deren Musik auf ihrem Debutalbum an das Flirren aufgeheizter Luft über dem Boden denken lässt, Luft, die zwar stets in Bewegung ist, aber in einer konstanten Bewegung an Ort und Stelle, mal in Wellen auf und ab schwingt, mal um sich selber kreist. Eine Bewegung von meditativem Charakter somit, in allen Facetten gesteuert von Maria Christina, die singt und, bis auf eine Ausnahme, alle Kompositionen und Texte verantwortet. Und dies alles verrät durch seine komplexe Tiefe eine musikalische Reife, wie man sie selten findet, erst recht, wenn ein Künstler / eine Künstlerin noch eher am Anfang ihres Schaffens steht.
Nachdem die aus Österreich stammende Sängerin und Komponistin Maria Christina ihren Bachelor in Jazz Gesang mit Auszeichnung bei Dena DeRose an der Kunstuniversität Graz abgeschlossen hatte, ging sie mit einem begehrten Fulbright Stipendium nach New York City um ihren Master an der Manhattan School of Music zu bestreiten. Dort studierte Maria mit wahren Grössen ihres Genres, allen voran mit ihrem Mentor, dem Grammy-nominierten Gesangskünstler Theo Bleckmann, sowie mit Peter Eldridge (Gründer der New York Voices), Kate McGarry, Darmon Meader, David Liebman, Phil Markowitz, Jim McNeely und John Reily –- um nur einige zu nennen – und schloss ihr Studium 2011 mit einem Master in Musik ab. Gleich danach nahm sie ihr Debut Album “The Timeless In You” auf, das Theo Bleckmann co-produzierte, und sie arbeitete als freischaffende Künstlerin und persönliche Assistenz von Bleckmann in New York.
Marias Musik erzählt von einem Leben zwischen zwei Kontinenten, in dem jeder Abschied auch ein Wiedersehen birgt. Ein grosses Thema spielt dabei die Zeit – dessen Vergänglichkeit und Unendlichkeit gleichermassen, was sich auch in ihren Texten wieder spiegelt: die Notwendigkeit der harmonischen Symbiose von Gegensätzen – Freude und Leid, Anfang und Ende, Licht und Schatten, Gemeinsamkeit und Isolation. Sie brauchen einander, ohne den jeweils anderen heben sie sich auf. Sie sind Kontrast, nicht Widerspruch. Auch musikalisch bewegt sich Maria Christina ‘zwischen den Welten’: im Jazz und improvisierter Musik verwurzelt zeigen sich in den Stücken auch Einflüsse zeitgenössischer klassischer Musik, Rock und Indie. 2013 zog es die Musikerin wieder zurück nach Europa und sie arbeitet, spielt, komponiert und unterrichtet in Berlin.
Maria Christinas Stimme ist zart, oft eher hauchend als stimmhaft, nur selten wird es einmal etwas lauter oder gar antreibend. The Timeless in You will vom Hörer erschlossen werden. Mit jedem Abspielen erschließt sich das Universum der Sängerin mehr – dies ist keine Platte für’s schnelle Konsumieren und erst recht nicht zum Nebenherhören. Das ist Musik voller Haupt- und Nebenräume, die erkundet werden wollen. Wer sich die Ruhe gönnt, um sich auf The Timeless in You einzulassen, der wird mit wundersamen Klangbildern belohnt, die mit jedem weiteren Hören immer bunter und tiefer werden. So, als hätten Laurie Anderson und Kate Bush ihre musikalischen Welten in ein Gefäss gegeben, gut vermischt und dann in Form von Klangwolken aufsteigen lassen.
Unterstützt wird Maria Christinas Gesang von Musikern, deren Instrumente, darunter eine (wahrscheinlich elektronisch simulierte) Wurlitzerorgel perfekt zu Stimme und Stimmung beitragen, allen voran das prägnant anwesende Vibraphon. Aufgenommen wurde das Album in New York, seit diesem Frühjahr ist es auf dem Markt und verdient im vollen Umfang Ihre Aufmerksamkeit.
Zu kritisieren gibt es an The Timeless in You nichts, dafür leider an der Website der Künstlerin. Die ist – bis auf eine biografische Notiz – nur in Englisch gehalten, enthält keinen Pressebereich, keine aktuellen Termine, kein Impressum und zudem unschöne Programmierfehler. Schade, aber zu verschmerzen. Man stelle sich nur vor, es wäre umgekehrt.
awb – 20.06.2013