Monkey Music
Camena: lat., Lied, Gedicht Camena heißt das Bandprojekt des Wiener Gitarristen Fred Eisler. Ein Komponist – mehrere verschiedene Stimmen – viele verschiedene Stimmungen und Stile. Gesänge an die Gestrandeten, die Verlierer, die Gefallenen. „Camena To The Fallen“ ist der Titel von Fred Eislers neuer CD. Vierzehn neue Lieder über Menschen, die gesellschaftsbedingt in schwierige, manchmal gar ausweglos erscheinende Situationen geraten sind. Die Lieder erzählen aber auch von der Liebe, von Träumen, von Freiheit. Diese Camenas entstehen in den dunklen Stunden, alleine, zu Hause. Am Sofa, mit der Gitarre. „There is a hunger and lust deep in my eyes, a handsome face is my disguise, defeated by my vice“ (aus „Hide“). Eisler geht es um Gefühle, um Leidenschaften, um Emotionen. Natürlich sind die Lieder auch eine kleine Spur autobiografisch. Etwa „My Sister Was A Dancer“, in der der ausgebildete Jazz-Gitarrist seine nicht ganz eifersuchtsfreie Beziehung zum talentierten Schwesterherz darstellt. Damit das Werk aber nicht zu oberflächlich familiär wird, erschafft Komponist und Texter auch noch einen namenlosen Schriftsteller und eine beste Freundin, auf deren Erfolg als Sängerin er neidisch schielt. Doch letztendlich überwindet der Erzähler seine negativen Gefühle und bietet einen vagen Hoffnungsschimmer. Der Wiener, der nach seinem Studium an der Musikhochschule Graz und dem Berklee College Of Music in Boston mit diversen Jazzprojekten schon die Bühnen Amerikas und Brasiliens bespielt hat, setzt auf seinem zweiten Album poppigere und teils gar rockigere Akzente. Seine jazzigen Roots kann und will Eisler dabei aber trotzdem nicht verleugnen. Die 14 Eigenkompositionen nehmen den Zuhörer mit auf eine spannenden Reise durch unterschiedliche und doch harmonisierende musikalischen Welten. Dabei wird Gitarrist Fred Eisler von einer hochkarätigen Musikantenschar unterstützt: Volker Wadauer (Bass), Reinhardt Winkler (Drums), Clementine Gasser (Chello). Thomas Palme (Banjo), Willi Platzer (Udu & Percussion) und Farid Al-Shami (Cajon & Percussion). Die abwechslungsreichen, oft spärlich instrumentierten Arrangements erzeugen eine intime Atmosphäre und bieten den stimmungsvollen Rahmen für Eislers poetische, oft metaphorischen Texte. Wo die Reise wohl hin führt? In die Herzen der Zuhörer. Die Stimmen zu seinen melodischen und harmonisch spannenden Kompositionen steuern Ausnahmekönner bei. Dean Bowman (Screaming Headless Torsos) verleiht Balladen wie „Hide“, „Ballad Of The Fallen“ und „The Road We’re On“ einen zusätzlichen Gänsehautfaktor. Auf letzteren beiden wird der New Yorker Sänger kongenial von Patrizia Ferrara (Ferrara/Köhldorfer, DJ Cutex) unterstützt, die ihrerseits auf „Woman Betrayed“ einen funky souligen Racheengel gibt. Natürlich darf nicht auf Eislers langjährige musikalische Partnerin Anne Marie Höller (Jazzklusiv, Global Kryners) vergessen werden, die Tracks wie „One Day I Will Dare“ und „Speechless“ gar nicht mut- und sprachlos interpretiert. Ebenso wichtig für das runde Gesamtbild ist Musicalstar Drew Sarich („Dracula“, „Barbarella“), der sich vor seinem Abstecher Richtung Broadway der rockigen Tracks „No Man’s Land“ und „Northern Blossom“ mit Bravour angenommen hat. Es gibt Hoffnung!
monkey – 10/05