Münchner Merkur – Kultur|Leben
Thin Ice? Von wegen dünnes Eis: Zwar bewegt sich die Wiener Sängerin Marina Zettl auf ihrem neuen Album nicht unbedingt in ihrem angestammten Revier. Als ausgebildete Jazz-Sängerin würde man sie im Modern Jazz oder vielleicht noch im Jazzpop vermuten. Zwar ist die gebürtige Grazerin, genauso wie ihr Gitarrist Thomas Mauerhofer, im Jazz ausgebildet und verwurzelt. Aber man sieht es an ihrem wissend-frechem Grinsen auf dem Cover der neuen Platte: Eine, die sich gern an Vorgaben hält oder Kompromisse macht, ist sie nicht. So ist ein wunderbar leichtes Album zwischen intelligentem Pop, Jazz, Soul und gefühlvollem Songwritertum entstanden, das sich auch in Sachen “Texte” an keine Vorgaben halten mag. Die eine Hälfte singt sie auf Englisch, die andere auf Deutsch und noch nachdem der letzte Ton der letzten Nummer verklungen ist, rätselt man, was wohl besser zu ihr passt – und kommt spätestens beim zweiten Durchhören darauf: beides. Es ist die Abwechslung, die diese Musik zwischen Chanson und intelligentem Pop so reizvoll macht. Einen Extrapunkt gibt’s für den Kunstgriff, Gehaltvolles leichtfüßig zu transportieren – das ist besonders bei einer live eingespielten Platte ein bemerkenswerter Umstand. Eine schöne Geschichte für alle, die Zaz’ Wohlfühlchansonjazzpop und die norwegischen Jazz-Chanteusen um Silje Neergard mögen.
Christoph Ulrich – 03.08.12