ORF – Ö1 | Kulturjournal
The Colour of Four“, das ist hörbar ein reifes Album, aus einem Guss, eingespielt von vier eigenständigen Musikerpersönlichkeiten, die einander auf Augenhöhe begegnen. Deshalb heißt das Quartett auch Triotonic meets Lorenz Raab und nicht featuring Lorenz Raab. Vor allem der Sound des Ensembles mit Volkhard Iglseder am Klavier, Oliver Steger am Bass und Bernhard Wittgruber am Schlagzeug ist ein wirklich persönlicher – ja durchaus unverwechselbarer, ganz egal ob in den lyrisch-balladesken Nummern oder in den knackend-hochenergetischen. Lorenz Raab hat sich dabei diesmal für das Flügelhorn entschieden. „Bei dieser CD war es mir extrem wichtig, nicht einfach eine Klaviertrio mit Trompete – oder in diesem Fall Flügelhorn – CD zu machen, sondern von A bis Z so, wie es mir gefällt. Und Gott sei Dank auch so, wie es den anderen dreien gefällt. Es sind wirklich vier Leute auf dieser CD zu hören, die alle vier mit dieser Musik völlig konform gehen“ erzählt er.
Dass Lorenz Raab zwischen den musikalischen Genres, angefangen von seiner früheren Tätigkeit in Symphonieorchestern oder heute als Solotrompeter in der Wiener Volksoper über Blasmusik eben bis hin zu Jazz, Avantgarde und Elektronik – dass er stets zwischen all diesen musikalischen Welten pendelt macht ihm keine Probleme. Im Gegenteil. Oft inspiriert ihn sein Job in der Volksoper gerade für einen Jazzgig am nächsten Tag. „Es ist ein Kontrapunkt, aber dann wieder doch nicht“, sagt der Musiker, „ich bin der Meinung, dass Musik eben Musik ist und wenn es gute Musik ist, ist es nicht so vordergründig, ob ich im Porgy und Bess oder in einem kleineren Jazzclub für ein sehr interessiertes Publikum meine eigene Musik spiele oder ob ich Sänger begleite, wie jetzt in der Volksoper anlässlich des hundertsten Todestages von Puccini. Es ist eine schöne Aufgabe dort zu spielen und es macht mir großen Spaß in der Volksoper. Abgesehen davon habe ich drei Kinder und bin daher froh über ein regelmäßiges Einkommen. Und das ist eine angenehme Arbeit, die doch sehr herausfordernd ist.“ Wie souverän sich Raab zwischen den Genres bewegt bestätigen auch zahlreiche Auszeichnungen. Mehreren gewonnenen Klassik-Wettbewerben in den 90er-Jahren folgte 2004 der Hans Koller Jazzpreis als bester Newcomer. Auch wenn er damals ohnehin schon eine große Nummer bei Jazzkennern war. So verwundert es auch nicht, dass ihn vor zweieinhalb Jahren das Jazzfestival Saalfelden bat, das vielbeachtete Eröffnungskonzert zu gestalten. Damals kombinierte er sein Ensemble Bleu und seine XY-Band mit der Harfenistin Zeena Parkins zum Ensemble ZOÉ. „Das war ein Glücksfall sondergleichen“, sagt Raab, „Zeena ist ein Mensch, der nicht sonderlich viel spricht, aber extrem konzentriert arbeitet. Es war ein unglaublicher Austausch, obwohl man sich nicht kennt und kaum etwas von einander weiß. Ich hab ein wenig von ihr gewusst, weil sie mit Björk arbeitet, aber sie kannte mich natürlich nicht. Das war wunderschön, dieses Knistern.“
Abgesehen von seiner großen Spielfreude an sich ist wohl seine zielstrebige Konsequenz der Grund, dass es die meisten Facetten des Trompeters längst auf Album zum Nachhören gibt. Gleich mehrfach etwa den eigenwilligen groovigen Sound seiner XY-Band, bei der neben ihm, zwei Kontrabässen und einem Schlagzeug die Zither als ECHTES Jazzinstrument überrascht. „Ich würde sagen, das ist ein Klang- und Tongeber. Der Christoph Dienz hat eine Art gefunden, auf der Zither zu spielen, die sehr eigentümlich ist“, schwärmt Raab. Ob als Volksopernbläser oder als Jazzer – der Solist Lorenz Raab ist genauso ein hervorragender Begleiter, der anderen souverän folgen und sie unterstützen kann – und dabei ebenso großen Spaß am Spielen haben kann – und so hat er bei all den innovativen Impulsen, die er seit Jahren immer aufs Neue liefert, den Respekt vor den musikalischen Wurzeln nie verloren. „Ich liebe die Verbindung von dem Musiker, der gibt und dem Publikum, das nimmt,“ erzählt Raab, “ so bin ich und deshalb gehen sich viele verschiedene Musikrichtungen und Klangbilder aus. Manchmal ältere Musik, manchmal neuere. Das ist ein riesiges Spannungsfeld und das ist genau das, was mich interessiert.“
Nikolaus Schauerhuber (Textfassung Ulla Ebner) – 05.01.09