Passauer Neue Presse
Sowjetische Kinofilme hatte bisher kaum einer der Besucher im Passauer Café Museum am Donnerstagabend gesehen. Geschweige denn den umfangreichen Fundus an Filmmusik gehört, der im Westen in seiner Breite nie bekanntwurde. Für Andrej Prozorov (Sopran-Saxofon) und Vadim Neselovskyi (Klavier, Melodika) ist es die Musik ihrer Kindheit. Fast wehmütig werden sie beim Spielen und geben einen Eindruck in die für uns verborgenen Melodien. Mit dem Konzert über die Musik des Sowjetischen Kinos begann die neue Konzertreihe im Jazzclub Café Museum. Die beiden russischen Musiker begnügen sich aber nicht nur mit der reinen Wiedergabe der Titel. Inspiriert von den einzelnen Zitaten lassen sie ihre eigenen Erlebnisse einfließen. Interpretieren ein Balladen-Thema innerhalb von wenigen Sekunden fast schon stürmisch und kehren doch am Ende wieder zur bekannten Tonabfolge zurück. Die Filmmelodien, unter anderem aus „Ironie des Schicksals oder genieße dein Bad!“, „Hundeherz“, „Das hätten Sie sich nicht träumen lassen“ und „Drei Pappeln auf der Pluschika“, gehen leicht ins Ohr, transportieren die Stimmung auch ohne Bild vor den Augen.
Prozorov und Neselovskyi machen den Abend zu einer Wiedergabe ihrer eigenen Geschichte. „Odessa“ nennt sich das Duo. Odessa ist ihre Heimatstadt, liegt heute in der Ukraine. Jede Stunde spielt der Glockenturm dort eine Melodie, die auch in einer Oper auftaucht. Wie gemacht für das Konzertrepertoire der beiden. Aber auch das russische Rockidol Viktor Tsoy, Leadsänger der Gruppe „Kino“, wird mit einem Requiem bedacht. „Die Blutgruppe“ heißt sein Lied aus dem Film „Die Nadel“. Der Zuhörer leidet bei der Interpretation des Duos mit, spürt den Gegensatz zwischen dem blühenden Leben und dem plötzlichen Unfalltod des Rockhelden.
Am gestrigen Freitag trat das Duo noch einmal im Café Museum auf. Diesmal nicht mit Zitaten aus bereits bestehenden Melodien, sondern mit selbstgeschriebenen Stücken.
Andrea Poschinger – 07.01.2010