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„Der Tod eines geliebten Menschen lässt uns erkennen, worum es im Leben wirklich geht. Durch den Schock ändern sich plötzlich die Perspektiven. Es stellen sich Fragen nach dem Wesen der Existenz und man versucht, das Leben intensiver zu spüren. Die Fragen sind nicht durch ihre Antworten motiviert, sondern durch die Suche nach ihnen. Musik holt Erinnerungen in die Gegenwart und schafft einen emotionalen Raum, in dem sie festgehalten und gleichzeitig immer wieder verändert werden können.“ Dies sind die Worte von Sophie Abraham, einer österreichischen Cellistin, Songwriterin, Improvisatorin und Experimentatorin, die in der klassischen, zeitgenössischen und Jazzmusik tätig ist. Als Mitglied von Ensembles wie dem radio.string.quartet, dem Trio Frühstück und dem Ensemble Scurdia hat sie nun ihr erstes Soloalbum mit ausschließlich eigenen Kompositionen aufgenommen; es heißt Brothers. Thema sind Erinnerungen an ihre beiden Brüder und emotionale Reflexionen über deren tragischen Tod in einer Lawine im Jahr 1993. Ein sehr persönliches Album, das den Hörer einlädt, das existenziellste aller Themen – den Tod – mit ihr zu teilen. Es ist Musik, die manchmal ergreifend und voller Trauer ist, aber ihre Botschaft ist letztlich von Hoffnung durchdrungen. „Die Musik auf meinem Album mag manchmal schwerfällig sein“, so der Künstler, „aber sie feiert das Leben und seine Schönheit umso mehr.“ Es ist ein starkes Album. Es ist ehrlich, und manchmal schüttelt der Protagonist fast den Kopf vor Rührung. Tatsächlich verbinden sie „nur“ gelegentliche Improvisationen mit dem Jazz, obwohl das Gesamtgefühl der meisten der neun Stücke manchmal recht weit vom Jazz entfernt ist. Und es gibt sogar einen regelrechten Indie-Rock-Song, Jonathan! Aber in ihrem Fall hat es keinen Sinn, sich mit der Reinheit des Genres zu befassen. Sophie drückte sich musikalisch so aus, wie es dem Thema entsprach, und dachte dabei nicht an Genres oder Stile. Wenn der Hörer also eine gewisse Unjazzigkeit beiseite lässt, kann er oder sie die meisterhaften Celloschichten, die mit Streichern und Pizzicato gespielt werden, die minimalistischen Praktiken, die die Ergriffenheit und Dringlichkeit (wie das eröffnende Weight of Snow) verstärken, und die mysteriöse Stimmung genießen, in dem man auch die Nachahmung der Viola da Gamba (Personal Prelude & Eye of the Iger), schwebende Lyrik (Under the Voice), einen dynamisch reichen Griff nach volkstümlichen Motiven (Mariazellerweg), atmosphärischen Ausdruck (Going&Coming) und Anklänge an romantische Musik (Identities) hören kann. Das Finale des Albums ist eine Feier des Lebens, die hoffnungsvoll klingt (Reflections). Denn wenn wir uns mit dem Tod abfinden, sind wir in der Lage, voll und ganz zu leben …

Patrick Spanko – 09.03.22

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